Lebendige Mythologie: Krampus & Perchten

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Zotteliges Fell, lange Hörner und eine hässliche Fratze – wer in Österreich oder den südlichen sowie nordöstlichen Regionen Bayerns lebt, hat sie meist schon live gesehen: die Krampusse oder Perchten.

Foto Krampus
Foto von Alessio Zaccharia, www.unsplash.com

Die Gestalten treiben im Winter ihr Unwesen in Dörfern und Städten und versammeln sich bevorzugt im Rudel bei Umzügen. Die beginnen heutzutage oft schon vor dem 11. November und dauern bis zum Dreikönigstag.

Der Unterschied zwischen Krampus und Percht

Die Maske des Krampus ist ein menschlich-verzerrtes Gesicht, das auch einem Schädel oder einer Leiche ähneln kann. Die Perchten-Maske dagegen zeigt traditionell eine Tier-Fratze. Auf dem Krampus-Kopf thront auch nur ein Hörner-Paar, während der Percht mehrere tragen kann. Die Hörner des Krampus stammen (zumindest in Österreich) nach altem Brauch aus Hausschlachtungen. Seine menschliche „Füllung“ steckt in einem Ziegenfell mit Glockengürtel. Mittlerweile sind die Übergänge zwischen Krampus und Perchten, was das Aussehen angeht, aber fließend.



Der größte Unterschied zwischen Krampus und Percht ist seine Begleitung: Der Krampus (oder auch mehrere) begleitet den Nikolaus, wenn er von Haus zu Haus geht, um artige Kinder zu beschenken und böse zu bestrafen. Deshalb hat der Krampus auch seine Rute dabei. Die Perchten dagegen gelten zumindest in Österreich als Fruchtbarkeitssymbol und ihr Treiben mit lautem Rufen, Schreien und Glockengeläut soll die bösen Geister vertreiben. Sie treten meist in Gesellschaft von „Hexen“ auf und haben eine Roßschweifrute dabei.

Von bösen und guten Perchten

Die Perchten unterteilen sich noch in gut und böse. Die guten werden „Schönperchten“, die bösen „Schirchperchten“ oder „Schiachperchten“ – je nach Dialekt – genannt. Die Schönperchten haben nichts von dem dämonischen Aussehen der „Schirchperchten“. Es sind Menschen in Tracht oder anderen Kostümen, die einen ungewöhnlichen, großen Kopfschmuck mit kirchlichen Bildern darauf tragen. Die Forschung geht davon aus, dass die Bezeichnung „Percht“ von der sagenumwobenen „Frau Perchta“ stammt. Die widerum ist eine Abwandlung der nordischen Göttin Frigg und galt früher als Lichtgestalt. Ihr Name leitet sich wahrscheinlich vom Althochdeutschen „peraht“ ab, das bedeutet übersetzt „hell, glänzend“.

Schiach- und Schönperchten in Rauris 2015.

Die Sagenforschung vermutet, dass Frau Holle auf der Frau Perchta basiert. Auch Frau Perchta belohnt die Fleißigen mit Goldfäden, Münzen und Spulen, bestraft die Faulen aber viel fürchterlicher als Frau Holle. Wo Frau Holle das faule Mädchen mit Pech übergießt, schlitzt Perchta zur Bestrafung den Bauch auf und füllt manchmal sogar noch Steine mit hinein, um die Person im Brunnen zu versenken. Manchmal gibt sie sich aber auch damit zufrieden, Albträume an die- oder denjenigen zu senden. Sogar Frau Perchtas Atem ist tödlich. Sie tritt nur in den Wintermonaten in Erscheinung, besonders in der magischen Zeit der Rauhnächte. Vor allem aber am 6. Januar, dem heutigen Dreikönigstag. Der wird auch „Perchten-Tag“ genannt. Es wird ihr außerdem eine mythologische Verbindung zum Begleiter des Nikolaus, Knecht Rupprecht, unterstellt. Der ist dazu da, die unartigen Kinder zu bestrafen.

16-minütiger Beitrag über den „familienfreundlichen“ Pertchen-Lauf in Leibnitz

Wie Frau Perchta und Frau Holle überwachten die Perchten ursprünglich die Einhaltung von Sauberkeit und Arbeit. Die Schirchperchten erscheinen, wenn es dunkel wird. Die Schönperchten übernehmen die Tagesschicht und bringen Glück und Segen für die Menschen. Oft werden sie dabei von den Schirchperchten begleitet. Unter die Hexengestalten der Perchten, mischt sich übrigens auch Frau Perchta, die dort je nach Region unter anderem als Rauweib oder Baba bezeichnet wird.



Vermutlich entstand im Zuge der Christianisierung die heute bekannte Version der Perchtenläufe. Möglicherweise als heidnisches Zeugnis verdammt, verschwand Frau Perchta als Lichtgestalt und Hexen traten an ihre Stelle. Vielleicht waren die Perchten, wie der Krampus, die Begleiter einer hellen Hoffnungsbringerin. Nur war es eben nicht der Heilige Nikolaus, sondern Frau Perchta. Inwieweit und ob diese Umzüge aber wirklich auf eine alte Naturreligion zurückgehen, ist bis heute ungeklärt.

Trotzdem reicht die Tradition der Perchtenumzüge weit zurück. Sie werden bereits in der römischen Antike vom Erzbischof Caesarius von Arles um 500 n. Chr. beschrieben. In seinen niedergeschriebenen „Anniculae“ verdammt der Bischof diese Art von Umzügen .

Die Ursprünge des Krampus

Auch wie tief die zeitlichen Wurzeln des Krampus gehen, weiß niemand so genau. Sein Name entstammt vermutlich dem mittelhochdeutschen Wort „Kramp“ für „Kralle“ oder dem Wort „Krampn“, das etwas Lebloses, Vertrocknetes oder Verdorrtes bezeichnet und im bayerisch-österreichischen Sprachraum verbreitet ist. Der Nikolaus mit Krampus wurde in Österreich erstmals im 17. Jahrhundert verzeichnet. Ob es ihn vorher schon gab? Zumindest schriftlich gibt es dafür keine Beweise.

Hier ein interessanter Beitrag vom BR über einen Krampus-Lauf

Die Masken der Krampusse oder Perchten werden Larven genannt und teilweise noch von Hand geschnitzt. Bis zu zehn Kilo kann eine der Masken wiegen. Je nach Region unterscheidet sich auch das Brauchtum der Gruppen. So ist in Osttirol zum Beispiel noch das „Tischziachn“ gebräuchlich. Dabei versucht eine Gruppe von Krampussen andere Teilnehmer, also „Zivilisten“, hinter einem extra dafür aufgestellten Tisch weg zu ziehen. Der Tisch bleibt dabei nicht zwangsläufig stehen, denn die fast nur männlichen Teilnehmer klammern sich ganz fest daran, während die Krampusse an ihnen zerren. Dabei fliegen schon mal Mützen weg oder ein Pullover geht kaputt.

Beide Kreaturen organisieren sich in regionalen Gruppen, genannt „Bass“ oder „Pass“. Die versammelten sich vor Corona bei großen Krampus- oder Perchten-Läufen. Läufe wie in Graz oder Klagenfurt werden professionell organisiert und das Gelände auf dem sich die Krampusse tummeln, abgesperrt.

Dokumentation von Vice über den Krampuslauf in Osttirol mit Tischziachn.

Beim Krampuslauf geht es aber auch wild zu und so landen jedes Jahr mehrere Verletzte in Krankenhäusern. Denn die Krampuswoche ist die Woche, in der traditionell alles erlaubt ist. Weil die Gestalten wirklich ziemlich schrecklich aussehen und sich wild benehmen, haben auch Erwachsene Angst vor ihnen.

Deshalb gibt es in Österreich nun ein Seminar, mit dem die Angst vor dem Krampus bekämpft werden soll. Schon alleine das Läuten der Glocken ruft bei manchen Menschen Angst und Panik hervor. Bei manchen der Teilnehmer ist es sogar so schlimm, dass sie Krampusse ganz meiden. Ein Problem in der österreichischen Weihnachtszeit. Das Seminar setzt auf Konfrontation mit der Angst und die Seminarbesucher treffen auf Krampusse.

Kurzer Beitrag über das Krampus-Seminar.

Wart ihr schon mal bei einem Perchten- oder Krampus-Lauf dabei? Oder seid ihr sogar selbst Mitglied in einem Pass? Was sind eure Erlebnisse mit den winterlichen Kreaturen?

Weitere Beiträge zum Schreiben, über Mythologie und Geschichte findet ihr in meinem Blog. Schaut mal wieder vorbei.

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