Kurzgeschichten schreiben – Inspiration

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Ich tippe mit den Fingern auf den Schreibtisch und schaue zum Fenster hinaus. Die Sonne scheint, es ist Juni. Vor mir blinkt der schwarze Cursor auf weiß-leuchtendem Grund im Schreib-Dokument meines Laptops. Ich sehe die Bäume vor dem Fenster und höre das leise Rascheln der Blätter im Wind. Erfreutes Kindergekreische dringt von schräg hinten über die Wiese, die Hühner der Nachbarn und die Baumkronen bis zu meinem Fenster. Der Kindergarten hat Pause – und ich immer noch keine Inspiration.

Wenn das Hirn Urlaub macht

Die bräuchte ich aber dringend. Denn eigentlich muss ich eine Kurzgeschichte schreiben. Nein, ich will eine Kurzgeschichte schreiben. Es fehlen noch drei Stück, dann sind die dreizehn für die Anthologie vollzählig. Den Veröffentlichungstermin habe ich für Anfang Oktober angesetzt. Die Zeit drängt also. Die letzten Geschichten müssen noch ins Lektorat und der Rücklauf wiederum von mir überarbeitet werden.



Gerade unter Druck fällt es mir schwer, Inspiration für Ideen zu finden. Egal, ob es sich um den näher rückenden Termin bei einem Kurzgeschichtenwettbewerb handelt oder ob ich eine neue Geschichte für die Lesung mit dem Autorenkreis brauche – wenn die Zeit drängt, verkriecht sich der kreative Teil meines Hirns in den Urlaub. Wahrscheinlich sitzt er gerade mit einem Cocktail mit Schirmchen-Deko in der Hand an einem imaginären Strand und schaut ganz entspannt auf das Meer. Unterdessen versuche ich verzweifelt, eine Idee für eine Kurzgeschichte zu finden.

Wie funktioniert Inspiration?

Wenn ich gar nicht weiter weiß, hilft es mir, den Dingen auf den Grund zu gehen. Dann wird mir früher oder später auch eine Lösung für mein Problem einfallen. Ganz nach dem Motto „Wissen ist Macht“.

Also, wie funktioniert Inspiration? Der Schlüssel dazu liegt in unserem Gehirn – was es mag und nicht mag. Denn unser Gehirn versucht, Arbeit zu vermeiden, um Energie zu sparen. Dazu zählt nicht nur körperliche, sondern auch Denk-Arbeit. Im Grunde kann man sagen, unser Gehirn denkt gar nicht gern und schon gar nicht in unbekannten Wegen.



Um es in Schwung zu bringen, können wir es erst mal mit Infos füttern. Wenn ich zum Beispiel grob weiß, dass die Kurzgeschichte zur Zeit der industriellen Revolution spielen soll, lese ich viel über die Zeit und die Menschen. Am besten eigenen sich dafür zeitgenössische Aufzeichnungen wie Tagebucheinträge, Zeitungsberichte, Kriegsberichte, Chroniken und so weiter. Weiß ich das Thema schon – zum Beispiel Vampire, Hexen oder Riesenkraken – dann lese ich viel über die Entstehung des Mythos einer Figur, über die geschichtlichen Hintergründe oder gucke YouTube-Videos dazu. Auch Gemälde, Zeichnungen, Statuen und andere Gegenstände können Aufschluss über eine Epoche, einen Künstler, eine Stilrichtung oder einen Menschen geben.

Habe ich mein Gehirn dann mit Infos voll gepumpt, trete ich einen Schritt zurück und wende mich anderen Aufgaben zu. Jetzt darf mein Gehirn „brüten“. Das ist die Phase, in der die Infos im Unterbewusstsein verarbeitet werden. Dann macht es irgendwann „Klick“ und die Glühbirne im Kopf geht an. Mein Gehirn hat eine Idee produziert.

Auf diese Weise entstehen auch die sogenannten „Duschgedanken“. Wenn wir entspannt unter der Dusche stehen und an nichts denken, trifft uns ein Gedanke oder eine Idee wie ein Blitz. Manche Menschen bekommen gute Ideen hingegen im halbwachen Zustand kurz vor dem Einschlafen oder wenn sie gerade erst aufgewacht sind. Entspannungsphasen sind ebenfalls wichtig für unser Gehirn. Steht es ständig unter Druck, kann es nicht kreativ arbeiten.

Laut einer Studie der Uni Graz aus dem Jahr 2013 könnten Alpha-Wellen mit unserer kreativen Leistung zusammenhängen. Bei der Studie leiteten sie bei Teilnehmern elektrischen Hirnströme mit einem Elektroenzephalographen ab. Diese Alpha-Wellen treten bei einem entspannten Wachzustand auf. Wie genau Kreativität in unserem Gehirn entsteht, ist aber bisher wissenschaftlich nicht genug erforscht. Vermutlich brauchen wir beide Gehirnhälften, um kreativ zu sein. Trotzdem gibt es einige Übungen und Praktiken, die der Inspiration auf die Sprünge helfen.

Wie finde ich Inspiration?

Lesen hilft auf jeden Fall. Ich suche oft im Internet und hole mir da Inspiration. Ich lese News, fachliche Beiträge oder Erlebnisberichte. Ich schaue Videos auf YouTube oder leihe mir Bücher aus der Bibliothek.

Wenn ich komplett feststecke, mache ich ein Cluster. Oft arbeite ich an dem Cluster kontinuierlich weiter, bis mein Gehirn richtig anspringt. Ein Ausflug in ein Museum, das zum Thema passt oder vielleicht sogar in ein Archiv kann einen manchmal auch weiter bringen.



Geht es zum Beispiel um ein mittelalterliches Thema, suche ich Sachbücher darüber, besuche Burgen oder gehe auf Mittelaltermärkte, wenn gerade Zeit ist. Auch Biographien, Lexikas wie Phantasmagoria oder Wörterbücher, die sich mit ausgestorbenen oder alten Wörtern befassen, können inspirieren.

Der YouTube-Boost

Auch YouTube-Videos werfen den Ideen-Motor an. Inspiration für die Kurzgeschichte „Homo altus maris“ waren zum Beispiel die Tiefseelebewesen. Zu diesen schrecklich-faszinierenden Kreaturen gibt es unzählige Videos auf Youtube.

Ich habe mir auch mittlerweile einen Ordner auf dem Desktop angelegt, in dem ich interessante Nachrichtenbeiträge abspeichere. Wenn es mal an Kreativität fehlt, „blättere“ ich darin. Eine andere Möglichkeit für mich ist das „Hineinversetzen“. Sich an einen bestimmten Ort wie einen öffentlichen Hofgarten oder in den Hof einer Burg zu setzen und sich vorzustellen, wie das Leben wohl zu einer bestimmten Epoche an genau diesem Ort war, macht mir Spaß und bringt neue Ideen.

Dokumentationen sind auch immer eine gute Inspirationsquelle. Sie verraten oft Infos, die man als Themen-Neuling noch nicht kennt. Nischen-Dokus zu speziellen Themen wie der Kommunikation und „Neurologie“ der Pflanzen finde ich interessant.

Neues sehen & einfach „dumm“ fragen

Generell bringen mich ganz neue Dinge wie Urlaubsausflüge zu historischen Stätten oder in Altstädte auf neue Ideen. Überhaupt ist Urlaub in einem anderen Land ein super Schub für die Inspiration. Mit all unseren Sinnen nehmen wir dann Neues wahr: wir essen ein unbekanntes Gericht, trinken in einem schönen Café etwas und beobachten dabei all die vorbei laufenden Menschen, die eine andere Sprache sprechen, andere Gewohnheiten und eine andere Mentalität haben. Ganz zwanglos finden wir so neue Ideen.

Inspiration für Kurzgeschichten: Kinderfragen stellen.
Warum ist der Himmel blau?

Manchmal reicht es auch schon sich eine „Kinderfrage“ zu stellen. Zum Beispiel: Warum ist der Himmel blau?“ Dabei kommt es nicht darauf an, die Frage richtig zu beantworten. Natürlich kann ich zuerst recherchieren, warum er eigentlich für uns blau erscheint. Denn auch die richtige Antwort kann mich auf eine Idee bringen. Aber eigentlich ist die Methode eher zum „herum spinnen“ gedacht.

Vielleicht ist er blau, weil unzählige kleine Nano-Roboter in ihm herum schwirren und wir wissen es nur nicht. Vielleicht ist er blau, weil tausende Engel ein blaues Tuch über die Erde halten. Vielleicht ist er blau, weil einst ein kosmisches Monster eine blaue Sphere ausgekotzt hat. Vielleicht ist er gar nicht blau und wir stecken mit unserer Welt nur unter einer Kugel, weil wir Ausstellungsobjekte in einem kosmischen Zoo sind.

Inspiration durch Bilder
Sich von Bildern inspirieren zu lassen, funktioniert auch sehr gut.

Manchmal suche ich mir irgendein schönes Bild aus dem Internet und denke mir eine Geschichte dazu aus. So eine Übung habe ich auch schon mal bei einem Fantasy-Story-Workshop der Bundesakademie Wolfenbüttel mitgemacht und fand sie sehr spannend.

Ihr seht, es gibt viele Möglichkeiten, seine grauen Zellen in Schwung zu bringen. Welche Tricks nutzt ihr, wenn es euch an Inspiration fehlt?

Weitere Beiträge über das kreative Schreiben findet ihr im Blog.

Quellen

https://www.spektrum.de/news/hirnforschung-in-der-pause-uebt-das-gehirn-im-schnelldurchlauf/1883572

https://www.faz.net/aktuell/wissen/leben-gene/wie-entsteht-originalitaet-im-gehirn-kreativitaet-ist-die-neue-intelligenz-12042938-p2.html

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0149763412002114

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